Netzwerke: Zukunftsagenten funktionierender Demokratie & lebendiger Zivilgesellschaft
Notiert von jor ~ 14. September 2014 ~
Bürgerschaftliches Engagement braucht eine gute Infrastruktur im Sinne verlässlicher Rahmenbedingungen. Dazu gehören Vereine und Verbände genauso wie Freiwilligenagenturen, Seniorenbüros, Selbsthilfekontaktstellen, Mehrgenerationenhäuser und eben – Netzwerke!
Und auf solche Netzwerke als Zukunftsagenten, diesen das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) seit seiner Gründung 2001 immer eindeutiger prägenden Grundgedanken seines Einsatzes für ein besseres Miteinander von Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Staat, darauf ging dessen Sprecherratsvorsitzender Prof. Dr. Thomas Olk zur Eröffnung↵ der diesjährigen 10. Woche des bürgerschaftlichen Engagements aus dem gegebenen Anlaß grundsätzlicher ein:
Je länger wir unser Geschäft einer bundesweiten Vernetzung von Organisationen aus Bürgergesellschaft, Staat und Wirtschaft verrichten, desto klarer wird uns, wie wichtig der Netzwerkgedanke eigentlich ist. Netzwerke sind die Zukunftsagenten einer funktionierenden Demokratie und einer lebendigen Zivilgesellschaft. Demokratie wird zukünftig immer weniger als Top-Down-Veranstaltung nach dem Motto „Wählt uns alle vier Jahre und schaut dann zu!“ funktionieren.
Die Demokratie der Zukunft ist eine assoziative Demokratie, und ich freue mich hier besonders über den Doppelsinn des Wortes „assoziativ“. In ihm steckt nicht nur das Kreative, Spontane, Impulsive, das Demokratie immer braucht, um lebendig zu bleiben. Mit „assoziativ“ wird ebenso zum Ausdruck gebracht, dass eine lebendige Demokratie nur als „Mitmachveranstaltung“ sinnvoll ist – eine Veranstaltung, an der sich möglichst viele gesellschaftliche Assoziationen beteiligen.
Netzwerke haben in diesem Zusammenhang zwei wichtige Aufgaben: Hier werden zum einen gesellschaftliche Aushandlungsprozesse angeschoben und fortgeführt, zum anderen sind sie der Ort, an dem innovative Ideen und Projekte gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden. Netzwerke sind daher immer auch Lernnetzwerke. In Netzwerken schließen sich große und kleine, ressourcenstarke und ressourcenschwache Organisationen auf freiwilliger Basis zusammen, weil sie auf diese Weise Anliegen umsetzen können, die sie alleine nicht (so gut) erledigen könnten.
Gleichzeitig entstehen auf diese Weise Brücken zwischen gesellschaftlichen Bereichen – vor allem auch zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft. Für das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger werden diese Brücken immer bedeutsamer. Denn Wohlfahrt wird in der freiheitlichen und pluralistischen Gesellschaft nicht von einer zentralen Institution – z. B. dem Staat –, sondern vielmehr von vielen Akteuren und Akteursgruppen – auch aus Markt und Zivilgesellschaft – gemeinsam „produziert“.
Diese sehr sinnvolle Aufgabenteilung muss aber immer wieder neu austariert und definiert werden. Genau dafür sind Netzwerke der richtige Ort. Netzwerke ermöglichen Diskurse über die bestmögliche Ausgestaltung unserer solidarischen Wohlfahrtgesellschaft.
Wenn man den Netzwerkgedanken so versteht, wird auch deutlich, was das BBE ist: Das Bundesnetzwerk ist sowohl eine Wissens- und Kompetenzplattform, die Fachwissen rund um die Zivilgesellschaft und das bürgerschaftliche Engagement sammelt und bündelt, als auch eine Plattform für Sektor übergreifendes Lernen und Experimentieren, auf der Akteure aus unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft miteinander innovative Ideen entwickeln und gemeinsame Projekte auf den Weg bringen.
Wenn wir von Netzwerken reden, sprechen wir zugleich von Governance. Der Erfolg des Konzepts der Governance, könnte man vereinfachend sagen, ist eine Folge der Einsicht in den Sachverhalt, dass das Zusammenwirken unterschiedlicher Akteursgruppen in der modernen Gesellschaft immer weniger als hierarchische Steuerung und immer mehr als ein Prozess der Abstimmung auf Augenhöhe gelingen wird.
Dafür gibt es heute schon viele Beispiele nicht nur in Deutschland. Gute Beispiele aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union machen deutlich: Mehr Engagement für das Gemeinwesen und mehr Bürgerbeteiligung sind möglich, wenn es dafür geeignete Bedingungen gibt. Dazu gehören vor allem transparente und klare Regeln der Kooperation zwischen den Sektoren Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. In vielen Ländern gibt es solche Regelwerke in Form von so genannten „Compacts“, und es wäre nicht nur eine Überlegung wert, ein solches Rahmenkonzept auch für Deutschland zu entwickeln. An uns soll es jedenfalls nicht scheitern!
Die gesamte Rede lesen: BBE-Sprecherratsvorsitzender Prof. Dr. Thomas Olk eröffnet die 10. Woche des bürgerschaftlichen Engagements.↵ – und zum Bericht über die Auftaktveranstaltung: www.engagement-macht-stark.de↵.
Foto: Carola Schaaf-Derichs